Familien im Lockdown – Kinder in der Krise, Rückschau

Video-Konferenz der Bargteheider Grünen mit Expert*innen

Kinder und Jugendliche bleiben erfreulicherweise von Krankheitssymptomen der Corona-Pandemie weitgehend verschont. Aber die Auswirkungen der Schutzmaßnahmen beeinträchtigen ihr Leben erheblich, da waren sich die rund 30 Teilnehmer*innen des digitalen Grünschnacks am 16.03. einig.

Sie berufen sich dabei auf ihre langjährigen und aktuellen Erfahrungen mit Kindern und Familien in Grundschulen, Kindertagesstätten, im Kinderschutzbund und als Eltern.

Zwar würden einige Kinder von mehr Zeit zu Hause oder auch vom digitalen Unterricht profitieren. Besonders manche der Größeren hätten beispielsweise gelernt, sich selbst zu organisieren. Den meisten aber, gerade den Kleineren, würden die gewohnten menschlichen Kontakte doch sehr fehlen.

Andrea Aust, Leiterin der Emil-Nolde-Schule, erklärt, wie stark gerade bei kleineren Schulkindern das Lernen an den engen Kontakt zu Bezugspersonen gebunden sei. Anika Essling, Leiterin der DRK- Kita in Elmenhorst, betont, dass im Kindergartenalter - und erst recht bei Krippenkindern - die unmittelbare persönliche Bindung absolut unverzichtbar sei. Dazu gehörten unabdingbar auch unmittelbare Nähe und Berührungen. Irgendwelche Abstandsregeln seien unrealistisch, sowohl zwischen Kindern und betreuenden Erwachsenen als auch zwischen den Kindern untereinander.

Stephanie Wohlers vom Deutschen Kinderschutzbund machte darauf aufmerksam, dass auch den größeren Kindern und vielen Jugendlichen die erwachsenen Bezugspersonen fehlen. „Die Einsamkeit macht vielen jungen Menschen sehr zu schaffen“, stellt sie fest. Sie können ihre Altersgenoss*innen kaum noch treffen. Unter den Einschränkungen der Pandemie komme es in vielen Familien vermehrt zu Konfikten, gerade in beengten Wohnverhältnissen. Da suchten viele Betroffene das Gespräch mit einem Erwachsenen ihres Vertrauens. Gesprächsbedarf hätten übrigens auch viele Eltern.

Die Gesprächsrunde war sich einig: In der Pandemie treten die ohnehin bestehenden Mängel des Systems deutlich zu Tage: Schmerzlich fehlen die zusätzlichen ambulanten Leistungen wie Früh- und Sonderpädagogik, Logopädie, Ergotherapie, musische und Bewegungsangebote und vieles mehr. Diese Förderungen bereichern in normalen Zeiten den Betreuungsalltag der Kinder und entlasten das pädagogische Personal. Die Leistungen der Fachkräfte müssten dringend ausgebaut und auch besser bezahlt werden.

Lehrer*innen und Erzieher*innen seien derzeit ohnehin besonders stark gefordert: Neue, etwa digitale, Formate müssten erlernt und aufwändig begleitet werden, teilweise unter ungünstigen technischen Voraussetzungen. Gleichzeitig sei die Notbetreuung unter anspruchsvollen Hygieneregeln zu organisieren, mit verunsicherten Kindern und teilweise überforderten Eltern.

Eka von Kalben bekräftigte die Einschätzung der Gesprächsrunde: „Die Auswirkungen der zwei Corona-Jahre auf die Entwicklung der Kinder werden uns noch längere Zeit beschäftigen.“ Diese Erkenntnis werde sie nach Kiel mitnehmen. Um eventuelle Leistungseinbrüche unter den instabilen Lernbedingungen abzufedern, könne der Landtag ein „Corona-Jahr“ ausrufen. „Schülerinnen und Schüler bekämen die Möglichkeit, das Schuljahr zu wederholen, ohne dass dies als „Sitzenbleiben“ gewertet wird“. Auf jeden Fall will sich die Fraktionsvorsitzende der Grünen dafür stark machen, dass das laufende Programm für zusätzliches unterstützendes Personal an den Schulen über den 30.06. hinaus verlängert wird. Die Frühförderung gehöre auf Dauer als fester Bestandteil in die Schule.



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